Schwerpunkte

Zementchemie

Mit einer weltweiten Produktionsmenge von 4.6 Mrd. Tonnen/Jahr zählt Zement zu den mengenmäßig wichtigsten Wirtschaftsgütern. Herkömmlicher Portlandzement wird aus den natürlich vorkommenden Rohstoffen Kalkstein, Mergel und Ton hergestellt. Diese werden in einer genau festgelegten Mischung zum Rohmehl vermahlen und anschließend in Zementdrehrohröfen bei 1450 °C gesintert. Hierbei werden die Tone zu SiO2 und Al2O3 zersetzt, die mit dem CaO aus der Entsäuerung des Kalksteins in Abhängigkeit von der vorherrschenden Temperatur zu unterschiedlichen Klinkerphasen reagieren. Im industriellen Portlandzementklinker können im Wesentlichen vier kristalline Klinkerphasen unterschieden werden: Tricalciumoxysilikat (C3S = Ca3(SiO4)O), Dicalciumsilikat (C2S = Ca2SiO4), Calciumaluminat (C3A = Ca3Al2O6) und Calciumaluminatferrit (C4AF = Ca4Al2Fe2O10). Des Weiteren kommen im Klinker noch Freikalk (CaOfrei) sowie in geringen Mengen MgO (Periklas) vor. Die typische Erscheinungsform eines Zementkorns, wie es unter einem Polarisationsmikroskop nach dem Anschleifen und der Behandlung mit einem Ätzmittel beobachtet werden kann, ist in Abbildung 1 dargestellt.


Abb. 1: Charakteristische Erscheinungsform von Portlandzementklinker unter einem optischen Mikroskop – die Ätzung erfolgte mit 1,2-Cyclohexandiamin-N,N,N‘,N‘-tetraessigsäure-di-Natriumsalz (CDTA).[1]

Die Herstellung von Portlandzement ist ein sehr ressourcen- und energieintensiver Prozess, bei dem eine erhebliche Menge an Kohlenstoffdioxid (CO2) freigesetzt wird. In den letzten Jahren wird deshalb verstärkt nach Lösungen gesucht den CO2-Austoß zu reduzieren, um die Nachhaltigkeit von Zement als Massenbaustoff zu verbessern. Ein möglicher Ansatz besteht darin, einen gewissen Anteil des Zementklinkers durch puzzolanische Stoffe (z.B. Hüttensand, Flugasche etc.) zu ersetzen. In diesem Zusammenhang werden kalzinierte Tone als mögliche Alternativen zu konventionellen Puzzolanen getestet und generelle Aspekte wie z.B. das Hydratationsverhalten sowie die Materialeigenschaften derartiger neuer Kompositzemente näher untersucht. Außerdem wird im Rahmen eines durch die DFG geförderten Projekts die Wechselwirkung strukturell verschiedener Polycarboxylat-Fließmittel mit kalzinierten Tonen untersucht, um geeignete molekulare Bausteine für Zusatzmittel zu diesen alternativen Bindemittelsystemen zu identifizieren.

Darüber hinaus werden am Lehrstuhl für Bauchemie reine sowie dotierte Klinkerphasen in Hochtemperatur-Festkörperreaktionen aus Calciumcarbonat und den Oxiden SiO2, Al2O3, Fe2O3, Na2O usw. hergestellt. Die Synthese dotierter und undotierter Phasen ermöglicht es, grundlegende Fragen wie den Einfluss der Dotierung auf die Reaktivität bzw. das Hydratationsverhalten eines Zements zu untersuchen, oder beispielsweise die Wechselwirkung von Fließmitteln mit spezifischen Klinkerphasen zu erforschen [2–3]. Art und Gehalt sowie die Reinheit der synthetisierten Klinkerphasen können mittels Röntgendiffraktometrie überprüft werden.

In unserer Arbeitsgruppe werden anorganische Bindemittel und Zusatzstoffe hinsichtlich ihrer Zusammensetzung und ihrer physikalischen Eigenschaften charakterisiert. So kann beispielsweise mittels Pulverdiffraktometrie eine quantitative Phasenanalyse (Q-XRD) mit anschließender Rietveld-Verfeinerung durchgeführt, oder die Oxidzusammensetzung von Zementen anhand von Röntgenfluoreszenzanalyse (RFA) ermittelt werden.

Ein weiterer Forschungsschwerpunkt stellt die Alterung von Zement dar. [4–6] Unter Alterung werden alle Oberflächenreaktionen eines Zements mit Luftfeuchtigkeit und atmosphärischem CO2 verstanden, welche die physikalischen Eigenschaften des Zements verändern und die Wirkung bauchemischer Additive nachteilig beeinflussen können. Die Zementalterung wird in unserer Arbeitsgruppe gezielt in Klimakammern unter spezifischen Temperatur- und Luftfeuchtigkeitsbedingungen untersucht. Ziel ist ein besseres Verständnis der bei der Alterung ablaufenden chemischen Reaktionen sowie die Folgen der Alterung auf die Verarbeitungs- und Materialeigenschaften des Zements zu vermindern.

Außerdem werden am Lehrstuhl Arbeiten zur geologischen Endlagerung von CO2, dem sog. „Carbon capture and storge“ (CCS) durchgeführt. [7] Bei diesem Verfahren wird superkritisches CO2 in geologische Formationen eingepresst und unterirdisch gespeichert. Hierfür müssen Bohrlöcher errichtet und zementiert werden, durch die anschließend das CO2 injiziert wird. Portlandzemente, die üblicherweise zur Zementierung verwendet werden, sind hierfür wenig geeignet, da sie nicht CO2-stabil sind, wodurch Undichtigkeiten im Zementstein entstehen und CO2 wieder an die Oberfläche gelangen kann. Unsere Arbeitsgruppe beschäftigt sich mit der Entwicklung von Zementen mit erhöhter CO2-Stabilität und geringer Gaspermeabilität.


[1] M. Bishop, S. G. Bott, A. R. Barron; Chem. Mater. 15 (2003) 3074 – 3088.

[2] J. Plank, S. Wistuba, D. Stephan; ZKG International 7 (2006) 70 – 80.

[3] S. Wistuba, D. Stephan, G. Raudaschl-Sieber, J. Plank; Adv. Cem. Res. 19 (2007) 125 – 131.

[4] E. Dubina, L. Black, R. Sieber, J. Plank; Adv. Appl. Ceram. 109 (5) (2010) 260 – 268.

[5] E. Dubina, L. Wadsö, J. Plank; Cem. Concr. Res. 41 (2011) 1196 – 204.

[6] M. Whittaker, E. Dubina, L. Arkless, J. Plank, L. Black; Adv. Cem. Res. 25 (2013) 12 – 20.

[7] M. Lesti, C. Tiemeyer, J. Plank; Cem. Concr. Res. 45 (2013) 45 – 54.