Schwerpunkte

Latex-Dispersionen
Latex-Partikel sind im historischen Sinne Naturprodukte, die in über 2000 Pflanzenarten als Polymermaterialien auftreten. Das wichtigste Material dabei ist der Naturkautschuk. Heute werden alle Arten von Polymerdispersionen als Latex bezeichnet. Bei Polymerdispersionen handelt es sich um kolloidale Systeme mit Partikeln verschiedenster Morphologie.
Wässrige Polymerdispersionen werden in der bauchemischen Industrie vor allem zur Modifizierung von Mörteln auf Zementbasis und von Beton eingesetzt. Reine Zementmörtel sind nach ihrer Erhärtung sehr harte, spröde und wenig haftende Materialien. Besondere Schwierigkeiten treten bei Applikationen in dünnen Schichten (z.B. Fiesenkleber, Abb. 1) auf. Durch die Vergütung mit Dispersionen lassen sich die Haftung (Adhäsion), die Biegezugfestigkeiten (BZF) oder die Dichtigkeit des Gefüges verbessern. Darüber hinaus erhöhen Dispersionen Verformungsfähigkeit (Flexibilität) und Abriebsbeständigkeit zementärer Systeme.

Abb. 1:  Adhäsion einer gesinterten Keramikfliese auf Zementmörtel durch Ausbildung eines Latex-Films (REM-Aufnahme, 28 Tage Aushärtung)

Zur Anwendung kommen Dispersionen als Mörtelzusatz in Bau-, Fliesen- und WDVS-Klebern, in Bodenspachtel- und Verlaufsmassen sowie in Putzen. Mit zunehmendem Einsatz von Einkomponenten-Werktrockenmörteln haben Dispersionspulver, welche durch Sprühtrocknug aus wässrigen Polymerdispersionen erhalten werden, an Bedeutung gewonnen. Solche Mörtel zeichnen sich durch eine hohe Anwendungssicherheit aus, da die Anteile an Bindemittel, Füllstoffen und Zusatzmitteln bereits werksseitig festgelegt sind und unter kontrollierten  Bedingungen vermischt werden.
Die Synthese von Polymerdispersionen erfolgt meist über eine Emulsionspolymerisation. Sie wird als radikalische Polymerisation in Gegenwart von Emulgatoren in Wasser als Dispergiermedium ausgeführt. Durch Copolymerisation verschiedener Monomere können die Eigenschaften von Polymerdispersionen entsprechend den Erfordernissen gezielt eingestellt werden.
Dispersionen sind aufgrund ihrer Filmbildungseigenschaften den polymeren Bindemitteln zuzuordnen. Bei der Anwendung werden Dispersionen einem Trocknungsschritt bzw. Wasserentzug unterworfen. Dadurch kommt es zunächst zu einer Annäherung der Polymerpartikel, bevor durch Zusammenpressen und Deformation der Partikel der Polymerfilm entsteht (Abb. 2).


Abb. 2:   Bildung eines Polymerfilms aus wässrigen Latex-Dispersionen

Am Lehrstuhl für Bauchemie werden Polymerdispersionen mit Latex-Partikeln unterschiedlichster Zusammensetzung und Partikelmorphologie synthetisiert und charakterisiert. Dabei werden neben rein organischen Systemen auch anorganisch-organische Systeme untersucht (Abb. 3). 


Abb. 3: Latex-Teilchen mit Himbeer-Morphologie, synthetisiert durch schrittweise Heterokoagulation (links, REM-Aufnahme). Anorganisch-organische Hybrid-Teilchen mit Silica-Sol als anorganischer Komponente (rechts, TEM-Aufnahme)

Zur Charakterisierung kommen unter anderem die dynamische Lichtstreuung (DLS), Messung des Zetapotentials, Messung des Strömungspotentials und Elektronenmikroskopie (ESEM, REM, TEM) zum Einsatz.
Einen weiteren Schwerpunkt der Forschung stellen Untersuchungen zur Wechselwirkung von Polymerdispersionen mit zementären Systemen dar.